Artikel vom Gastautorenteam von ACAD WRITE:

Das Experteninterview zählt zu den qualitativen Forschungsmethoden und ist eine beliebte Wahl für die Umsetzung des praktischen Teils einer empirischen Bachelor- oder Masterarbeit. Wie der Name schon sagt, werden dabei Personen mit einem bestimmten Fachwissen befragt, um zur Lösung des Forschungsproblems im untersuchten Gegenstand beizutragen. Nachfolgend haben wir einige Tipps zur Vorbereitung und Durchführung des Experteninterviews gesammelt.

Die Vorbereitung des Interviewleitfadens

Die wichtigste Grundlage für ein erfolgreiches Experteninterview ist ein strukturierter Interviewleitfaden. Der Fokus des Interviews muss auf der professionellen Perspektive der befragten Experten liegen, nicht etwa auf ihren privaten Ansichten. Die Fragestellungen müssen sich also auf den Forschungsgegenstand beziehen, sodass sie sich mit reinem Fachwissen beantworten lassen. Zu Themen, zu denen die befragten Personen nur persönliche Meinungen oder Aphorismen anbieten können, sollten keine Fragen gestellt werden. In einem solchen Fall können nämlich keine objektiven Ergebnisse erzielt werden.

Für die Erarbeitung eines soliden Leitfadens ist es Grundvoraussetzung, selbst sehr stark mit dem Thema vertraut zu sein. Das Ziel ist es, im Vorhinein klare Analyseeinheiten zu definieren, die sich dann anhand der Ergebnisse der Interviews auswerten lassen. Man sollte den Interviewleitfaden besser erst vorbereiten, nachdem die grundlegende theoretische Recherche für die Arbeit abgeschlossen wurde. Die Forschungsfrage der Arbeit sollte bereits klar formuliert und mit dem Betreuer besprochen worden sein. Die Fragen im Interview müssen so ausgerichtet sein, dass sie in strukturierter Form zur Beantwortung der Forschungsfrage beitragen. In den meisten Fällen wird es daher sinnvoll sein, die Forschungsfrage in mehrere Subforschungsfragen aufzuteilen.

Um Experten aus Forschung und Wirtschaft zu finden, gibt es viele unterschiedliche Ansätze. Letztendlich hängt es stark vom Studienzweig und dem Thema der Arbeit ab, wo man zu Suchen beginnt. Fachkonferenzen und Branchen-Foren können eine gute erste Anlaufstelle darstellen. Auf jeden Fall sollte die Auswahl der Experten zuerst mit dem Betreuer abgesprochen werden. So lässt sich sicherstellen, dass die Interviews mit passenden Partnern geführt werden und zielführende Ergebnisse liefern.

Im nächsten Schritt gilt es, Kontakt zu den ausgewählten Experten aufzunehmen. Dabei sollte man das Forschungsthema kurz vorstellen und darauf eingehen, warum die Ergebnisse der Arbeit einen Mehrwert für das jeweilige Fachgebiet darstellen werden. Das weckt das Interesse des Experten und vergrößert die Wahrscheinlichkeit dafür, dass er bereit ist, seine Zeit und sein Fachwissen für ein Interview zur Verfügung zu stellen.

Experteninterview führen

Das Führen des Interviews wird als Datenerhebung betrachtet. Meistens werden Experteninterviews mündlich geführt, am selben Tisch oder übers Telefon. Die Gespräche werden für die spätere Auswertung aufgezeichnet. Es ist üblich, von dem Interviewpartner zuerst eine schriftliche Einverständniserklärung einzuholen, die bestätigt, dass die Interviews wie geplant verwendet werden dürfen. Zudem sollte die Technik im Vorfeld ausreichend getestet werden. Es wäre deprimierend, wenn später auf dem Aufzeichnungsgerät nur Rauschen gespeichert sein sollte.

Zu Beginn des Gesprächs sollte der Hintergrund des Experten erfasst und abgeglichen werden. Was qualifiziert ihn und zeichnet ihn als Experten aus? Was ist sein akademischer Lebenslauf? Welche Berufserfahrung hat er und welche Position übt er aus?

Während des Gesprächs sollte der Forscher bei einem geschlossenem Interview so wenig wie möglich von dem Leitfaden abweichen. Bei unpräzisen Antworten ist es jedoch möglich bzw. sogar wichtig, nachzuhaken. Man sollte stets im Kopf behalten, dass das Ziel des Interviews messbare Ergebnisse sind.

Auswertung eines Experteninterviews

Die Auswertung des Interviews ist mit der Datenaufbereitung und -analyse gleichzusetzen. Der erste Schritt dabei ist meist das Transkribieren der Gespräche. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass dies meist mit erheblichem Zeitaufwand verbunden ist.

Danach gilt es, die Interviews strukturiert zu analysieren und die Ergebnisse miteinander zu vergleichen bzw. mit den Erkenntnissen aus der theoretischen Recherche abzugleichen. Die gängigste Methode dafür ist die Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring. Dabei wird das Material kategorisiert und nach einer bestimmten Analysetechnik ausgewertet.

Schließlich müssen die Ergebnisse der Interviews in der Arbeit präsentiert werden. Im Idealfall führen sie zu einer klaren Beantwortung der Forschungsfrage. Auf jeden Fall sollte eine ausgiebige Diskussion den Abschluss der Arbeit bilden, auch wenn keine klare Beantwortung möglich ist. In diesem Fall sollte der Autor der Arbeit Empfehlungen für zukünftige Forschung auf demselben Gebiet abgeben.

Die befragten Experten freuen sich üblicherweise, wenn man die gewonnen Erkenntnisse nach Abschluss der Arbeit mit ihnen teilt. Es ist also empfehlenswert, sie später noch einmal zu Kontaktieren um ihnen die Resultate vorzustellen.